Arzt in Weiterbildung: Zeugnisberichtigung

Approbierte Ärzte, die sich zum Facharzt weiterbilden (nachfolgend: Weiterbildungsassistenten), benötigen ein Zeugnis zum Nachweis, die Anforderungen des jeweiligen Facharztkatalogs erfüllt zu haben, und ein Zeugnis über ihre Arbeitstätigkeit. Diese Zeugnisse bergen häufig das Potential für juristische Auseinandersetzungen (vgl. Hess. LAG, Beschluss vom 28.07.2023, 3 Ta 29/23; OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.08.2011, 8 LA 101/11). Ob und welche Zeugnisansprüche Weiterbildungsassistenten haben, wie sich die einzelnen Ansprüche voneinander unterscheiden und schließlich, welcher Rechtsweg zu wählen ist, um einen Anspruch auf Zeugnisberichtigung durchzusetzen, ist Gegenstand der kurzen Übersicht.

In der Praxis kommt es nämlich häufig vor, dass ein "einheitliches" Zeugnis, sowohl für die Arbeitstätigkeit als auch für die Weiterbildung erteilt wird. Deswegen kommt es darauf an, zu unterscheiden welches Zeugnis bzw. Teilbereich berichtigt werden soll, das Arbeitszeugnis oder das Zeugnis der Weiterbildung. Diese Unterscheidung ist wichtig, da Fragen bezgl. des Arbeitszeugnisses und des Zeugnis der Weiterbildung vor unterschiedlichen Gerichten zu klären sind. Vor Einleitung eines Rechtstreits ist es daher von entscheidender Bedeutung, zu klären, welches Gericht zur Entscheidung zuständig ist (Rechtswegzuständigkeit). Es ist daher zu klären, ob das Arbeitsgericht (Arbeitszeugnis) oder das Verwaltungsgericht (Weiterbildungszeugnis) angerufen werden muss. Wesentlich dabei sind folgende Überlegungen:

1.         Rechtsgrundlage für die ärztliche Weiterbildung sind die jeweiligen Weiterbildungsordnungen (WBO) der Länder. Die Weiterbildungsordnung ist eine Satzung der Landesärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts. In aller Regel wird in einer anerkannten Weiterbildungsstätte unter verantwortlicher persönlicher Leitung des von der Ärztekammer dazu ermächtigten Arztes („Ausbilder“) und den in der Weiterbildungsordnung beschriebenen Inhalten der jeweilige Fachärztekatalog "abgearbeitet". Der Ausbilder nach der WBO ist als ermächtigtes Kammermitglied ein zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben Beliehener. Das Verhältnis zwischen dem Weiterbildungsassistenten und dem „Ausbilder“ ist damit eine Vertragsbeziehung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts.

2.         Daneben besteht zwischen dem Weiterbildungsassistenten als Arbeitnehmer und dem ihn tatsächlich beschäftigenden Arbeitgeber – in aller Regel die Klinik – eine bürgerlich-rechtliche Vertragsbeziehung. In beiden parallel bestehenden Rechtsverhältnissen ergeben sich Zeugnisansprüche. Sie dienen allerdings unterschiedlichen Zwecken. Für spätere Zeugnisstreitigkeiten hat die Unterscheidung zwischen Arbeitszeugnis und Weiterbildungszeugnis z.B. für den Klageweg wesentliche Bedeutung:


a) Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber aus § 109 GewO einen Zeugnisanspruch. Mit dem Arbeitszeugnis werden die ausgeübte Tätigkeit, Art und Dauer sowie ggf. Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers beurteilt. Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, wie z.B.  Zeugnisstreitigkeiten, sind vor den Arbeitsgerichten auszutragen.

b) Dagegen hat das Weiterbildungszeugnis den Zweck, die absolvierte Weiterbildung i.S.d. Facharztkataloges nachzuweisen. Das Weiterbildungszeugnis ist ein bloßes Gutachten des zur Weiterbildung ermächtigten Arztes. Das Gutachten dient zur Vorbereitung der Entscheidung der Ärztekammer über die Zulassung des in Weiterbildung befindlichen Arztes zur mündlichen Prüfung (Facharztprüfung). Der Zeugnisanspruch des Weiterbildungsassistenten richtet sich an den Ausbilder. Der Ausbilder muss das Weiterbildungszeugnis auch unterschreiben. Er ist zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Befugnissen ausgestattet und auch besonderen Regeln unterworfen (vgl. BAG 21. Juli 2021- 9 AZR 19/21 - Rn. 12). Zeugnisstreitigkeiten, die das Weiterbildungszeugnis betreffen, sind vor den Verwaltungsgerichten zu führen.

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Zeugnisberichtigungsanspruch eines Arztes in Weiterbildung weder von vorneherein öffentlich-rechtlicher noch bürgerlich-rechtlicher Natur. Anhaltspunkte zur Unterscheidung der zu berichtigenden Zeugnisse/ Zeugnisteile können sein:

Überschrift (Arbeits- oder Weiterbildungszeugnis);

Unterschrift: Wer hat das Zeugnis unterschrieben? Weiterbildungszeugnisse werden in aller Regel vom weiterbildungsbefugten Arzt unterzeichnet (dann Verwaltungsrechtsweg), Arbeitszeugnisse vom Arbeitgeber (dann Arbeitsgerichtsbarkeit)

Verweis im Zeugnis auf den angefügten Facharztkatalog als Indiz für Weiterbildungszeugnis (dann Verwaltungsrechtsweg)

Bitte beachten Sie, dass Einzelfragen immer individuell abgeklärt werden müssen – lassen Sie sich beraten!